Mainz (ots) –
Traditionell wird die Europawahl als eine eher nicht so wichtige Wahl angesehen. So halten nur 24 Prozent aller Befragten Entscheidungen im Europaparlament für sehr wichtig (wichtig: 49 Prozent; weniger oder überhaupt nicht wichtig: 25 Prozent; der Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils „weiß nicht“). Entscheidungen, die im Bundestag getroffen werden, halten hingegen 49 Prozent für sehr wichtig (wichtig: 41 Prozent; weniger oder überhaupt nicht wichtig: 9 Prozent).
Dennoch hat das Interesse an der Europawahl im Lauf der Zeit zugenommen: Hatten vor der Europawahl 2014 lediglich 38 Prozent ein sehr starkes oder starkes Interesse an der Wahl bekundet, waren das vor fünf Jahren, im Mai 2019, 56 Prozent. Jetzt sind es 61 Prozent (weniger starkes oder kein Interesse: 38 Prozent; 2019: 44 Prozent; 2014: 62 Prozent).
EU-Mitgliedschaft
Grundsätzlich wird die Europäische Union positiv gesehen: 59 Prozent aller Befragten meinen, dass die EU-Mitgliedschaft der Bevölkerung in Deutschland überwiegend Vorteile bringt. Nur 10 Prozent finden, dass damit vor allem Nachteile verbunden sind. Für 29 Prozent halten sich Vor- und Nachteile die Waage.
Dennoch sind 58 Prozent aller Befragten und damit genau so viele wie vor fünf Jahren eher unzufrieden damit, wie auf europäischer Ebene Politik gemacht wird (eher zufrieden: 38 Prozent). Mehrheitlich zufrieden äußern sich nur die Anhänger der Grünen, besonders unzufrieden sind die Anhänger der AfD und des BSW. Die Anhänger der SPD sind gespalten.
Projektion Europawahl
Gut eine Woche vor der Europawahl zeichnen sich im Vergleich zur vorigen Wahl 2019 deutliche Verluste für die Grünen ab, die damals ein Rekord-Ergebnis erzielt hatten. Wenn schon am nächsten Sonntag gewählt würde, dann ergäben sich aktuell folgende Projektionswerte für die Parteien: Die Union käme auf 30 Prozent (minus 1 gegenüber der Umfrage vor zwei Wochen), die Grünen auf 15 Prozent, die SPD auf 14 Prozent (beide unverändert), die AfD auf 14 Prozent (minus 1), die Linke auf 4 Prozent (plus 1), die FDP auf 4 Prozent (unverändert) und das BSW auf 6 Prozent (plus 1). Die anderen Parteien zusammen lägen weiterhin bei 13 Prozent, darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erzielen würde.
Diese Projektionswerte geben lediglich das Stimmungsbild für die Parteien zum jetzigen Zeitpunkt wieder und stellen keine Prognose für den Wahlausgang dar. Grundsätzlich sind bei diesen Werten auch die statistischen Fehlerbereiche von Umfragen zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann es bis zum Wahlsonntag für die verschiedenen Parteien durch unterschiedliche Mobilisierungserfolge noch zu Veränderungen kommen. Zudem wissen zurzeit 42 Prozent noch nicht sicher, wen oder ob sie wählen wollen.
Bei der letzten Europawahl 2019 waren CDU und CSU zusammen auf 28,9 Prozent und die Grünen auf 20,5 Prozent gekommen. Die SPD erreichte 15,8 Prozent, die AfD 11,0 Prozent, die Linke 5,5 Prozent, die FDP 5,4 Prozent und die anderen Parteien zusammen 12,9 Prozent.
Europa- und Bundespolitik
Als wichtiger für ihre aktuelle Wahlabsicht nennen ähnlich wie vor fünf Jahren jetzt 55 Prozent der potenziellen Wählerinnen und Wähler die Politik in Europa und 41 Prozent die Bundespolitik.
Populisten: Mehrheit erwartet große Probleme für die EU
Von einem guten Abschneiden der rechten und populistischen Parteien in vielen Mitgliedsländern erwartet eine deutliche Mehrheit (84 Prozent) sehr große oder große Probleme für die Europäische Union. Lediglich 12 Prozent glauben, dass das kaum oder keine Probleme für die EU mit sich bringen wird.
Flüchtlingspolitik der EU
Für eine Verschärfung der Regelungen in der EU im Bereich Flüchtlingspolitik plädieren 57 Prozent, 21 Prozent finden die bestehenden Regelungen in Ordnung und 14 Prozent sind für Lockerungen.
Verbrenner-Aus ab 2035
Ab 2035 soll es in der EU keine Zulassung mehr geben für Neuwagen mit Verbrennermotoren. Dagegen sprechen sich 60 Prozent aus, 34 Prozent unterstützen dieses Vorhaben. Besonders deutlich fällt die Ablehnung bei den Anhängern der AfD (99 Prozent), des BSW (88 Prozent), der FDP (84 Prozent) und der CDU/CSU (72 Prozent) aus. Lediglich bei den Anhängern der Grünen (85 Prozent) und der Linke (60 Prozent) sind Mehrheiten dafür, dass ab 2035 keine neuen PKW mit Verbrennermotoren mehr zugelassen werden sollen.
Die Umfrage zum „Politbarometer Extra“ wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 27. bis 29. Mai 2024 bei 1.197 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch und online erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte.
Das nächste „Politbarometer Extra“ zur Europawahl veröffentlicht das ZDF am Donnerstag, 6. Juni 2024, im „heute journal“.
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