Bad Reichenhall, Walserberg, Rosenheim (ots) –
Im Oktober empfing das Zollamt Bad Reichenhall – Autobahn interessierten Besuch. Bei der über dreißigköpfigen Reisegruppe handelte es sich um Beschäftigte des Polizeipräsidiums Nordhessen – teils mit ihren Angehörigen – die sich im Landkreis Bad Reichenhall gerade im Rahmen eines Ausflugs befanden. Da diese es sich bereits zur Gewohnheit gemacht hatten, in ihr Ausflugsprogramm den Besuch einer Behörde einzubauen, traf ihre Auswahl dieses Mal auf das Zollamt Bad Reichenhall-Autobahn.
In Empfang genommen vom Zollamtsvorsteher Zolloberamtsrat Martin Dietl und Pressesprecherin Marion Dirscherl, folgten sie interessiert zunächst dem geschichtlichen Background zum Zollamt am Walserberg und kleinen Anekdoten aus Zeiten, als das Zollamt noch ein Grenzzollamt war. So betonte der Zollamtsleiter, dass für das Zollamt mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (EU) am 01.01.1995 eine völlig neue Zeitrechnung begann. War es zum Beispiel bis dahin Pflicht, mitgebrachte Waren beim Zollamt anzumelden, besteht nunmehr für die Importeure die Wahlmöglichkeit, sich für ein Zollamt innerhalb der gesamten EU zu entscheiden. Das Zollamt Bad Reichenhall-Autobahn mit seinen etwa 45 Bediensteten, das ab dato „nur noch“ ein Binnenzollamt darstellte, verdankt seine weitere Daseinsberechtigung unter anderem seiner strategisch günstigen Lage und den guten Wirtschaftsbeziehungen der EU zur Türkei: Die Fahrzeit vom Hafen Triest, wo viele türkische Waren von der Fähre auf die Straßen wechseln, bis zur Grenze am Walserberg, also zum Zollamt, beträgt ziemlich genau eine zulässige LKW-Lenkzeit. Das Angebot, die Zollformalitäten am Walserberg zu erledigen, wo auch eine große Raststätte sowie eine große Anzahl an Spediteuren zur Verfügung stehen, hat für die LKW-Fahrer/innen noch einen überzeugenden weiteren Vorteil: Bei Abfertigung vor Ort darf der große Amtsplatz auch zur Einhaltung der Ruhezeiten genutzt werden.
Ein Zuhörer stellte da die Frage, wie es in Anbetracht der Wahlmöglichkeit des Abfertigungsortes sein kann, dass abzufertigende Waren nicht einfach ohne zollrechtliche Abfertigung an ihren Bestimmungsort gelangen, beantwortete Dietl mit Verweis auf das internationale Versandrecht: Eröffnet beispielsweise ein türkischer Importeur ein Versandverfahren beim türkischen Zoll, bleibt der elektronische Vorgang solange als unerledigt markiert, bis die Ware beim Zoll im Bestimmungsland abgefertigt wurde. Erfolgt nach einer bestimmten Frist keine Erledigungsmeldung, so startet das System automatisiert ein entsprechendes Suchverfahren.
In Anbetracht der zu Zeiten vor dem Österreich-Beitritt zur EU geschilderten Aufgriffshäufigkeit äußerte eine andere Besucherin Bedenken: Würde nun nicht mehr jede Einfuhr kontrolliert bzw. abgefertigt, entgingen dem Zoll möglicherweise viele Schmuggelwaren. Das sei so nur zum Teil richtig, entgegnete Dietl. Die Abfertigungstätigkeit hat sich modernisiert und angepasst. So ist mittels digitaler Zollanmeldung bereits Tage im Voraus erkennbar, welche Waren beim Zollamt abgefertigt werden. Dabei bestimmen die Abfertigungsbeamten ganz individuell darüber, ob der Fahrer seine Ladung bei der Abfertigung gestellen und eine Warenbeschau ermöglichen muss. Hier sind natürlich verschiedene Faktoren relevant. Nicht nur das jeweilige Bauchgefühl zählt, sondern auch Erfahrungswerte und das Eingreifen des Zolls bei einschlägigen Warengruppen. Handeln ist angesagt, sobald zum Beispiel Markenrechte gefährdet sein könnten. Aber auch die Produktsicherheit ist ein vom Zoll zu schützendes Gut. So ist es nach wie vor auch nicht selbstverständlich, dass alle technischen Gegenstände mit dem in Europa vorgeschriebenen CE-Kennzeichen versehen sind. Alle möglichen Gegenstände, die vielleicht eine Gefahr für die künftigen Nutzer- und Nutzerinnen darstellen könnten, werden genauestens unter die Lupe genommen. Für Erstaunen sorgte vor Kurzem ein Unternehmen, das einen Fleischzerkleinerer importieren wollte. Am Gerät war keine Schutzvorrichtung für die sich im Inneren des bizarren Geräts drehenden Messer vorhanden. Nicht auszudenken, was passieren würde, würde man bei der Bedienung mit der Hand abrutschen. Aufgrund der Verletzungsgefahr konnte eine Freigabe für den freien Verkehr so nicht erteilt werden.
Ob auch versuchte Einfuhren vorkommen würden, die unter das Artenschutzabkommen fallen, bejahte Dietl, betonte aber, dass es eher selten sei, dass zum Beispiel artengeschützte, ausgestopfte Tiere oder aus diesen hergestellte Waren im LKW vorkommen. Die Wahrscheinlichkeit im Postverkehr auf über das Internet bestellte artengeschützte Tier- aber auch Pflanzenprodukte zu stoßen, ist aber stets gegeben. Wer Tiere oder Gegenstände der Tier- und Pflanzenwelt, welche aufgrund des Washingtoner Artenschutzabkommens geschützt werden, in den freien Verkehr zu bringen beabsichtigt, dem drohen harte Strafen. Hinsichtlich der Thematik, dass das Hauptzollamt Rosenheim mit seinen vier Zollämtern und seinem großen Bezirk – von der Grenze am Walserberg bis nach München, südlich bis Garmisch-Partenkirchen und nach Norden bis Altötting – vielfältigste Einsatzmöglichkeiten für seine Beschäftigten bietet und dabei die Vereinbarkeit von Beruf und Familie groß schreibt, führte Pressesprecherin Marion Dirscherl an: „Derzeit hat die Zollverwaltung 24 Aufgabenbereiche. Dabei entwickeln sich die Zuständigkeiten stets weiter. Aber auch der persönliche Werdegang kann abwechslungsreich gestaltet werden. Wer sich beispielsweise nach seiner mehrjährigen Tätigkeit in waffentragenden Aufgabenbereichen gerne beruflich umorientieren möchte, für den ist das in der Regel kein Problem. Dazu bietet das Hauptzollamt Rosenheim Tätigkeiten wie Kfz-Steuererhebung, Verbrauchsteuersachbearbeitung, Vollstreckungsinnendienst, Ahndung von Bußgeldangelegenheiten. Um nur einige Beispiele zu nennen.“
Obwohl die Besucherinnen und Besucher zuhause in Hessen einen regen Kontakt bzw. freundschaftlichen Austausch mit dem Zoll pflegen und deshalb auch schon einiges über die Arbeit des Zolls wussten, waren sie doch erstaunt über die Vielfältigkeit der Aufgaben.
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