Berlin (ots) –
Deutschland steht nach Einschätzung des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV) vor der schlechtesten Getreideernte seit 2018: „Mit 39,1 Millionen Tonnen Getreide wird ein Ergebnis eingefahren, das rund acht Prozent unter der Vorjahresernte liegt. Nur im Dürrejahr 2018 wurde ein schlechteres Resultat erzielt“, betont der DRV-Getreidemarktexperte Guido Seedler. „Unser Verbrauch in Deutschland liegt bei rund 40 Millionen Tonnen Getreide. Daher können Versorgungsengpässe nicht ausgeschlossen werden, insbesondere weil die Qualitäten ebenfalls oftmals enttäuschen,“ macht Seedler deutlich. Die Gründe für das schlechte Ergebnis liegen in einer erneut gesunkenen Anbaufläche sowie in niedrigeren Hektarerträgen. Diese sind auf das unbeständige Wetter mit teilweise starken Niederschlägen sowie fehlender Wärme und Sonnenschein zurückzuführen. Licht und Wärme sind für die Photosynthese und damit die Ertragsbildung von großer Bedeutung. Außerdem führen zunehmende Einschränkungen bei der Düngung und dem Pflanzenschutz zu weiteren Ertragsrückgängen. Die Erwartungen an die Rapsernte korrigierte der DRV ebenfalls leicht nach unten. Aktuell erwartet der Verband eine Erntemenge von 3,6 Millionen Tonnen.
Versorgungssicherheit ist zentrale Herausforderung
„Die Getreideanbaufläche in Deutschland ist seit Jahren rückläufig. Vor zehn Jahren wurden auf 6,5 Millionen Hektar Getreide erzeugt, aktuell beträgt die Anbaufläche nur noch gut 5,8 Millionen Hektar“, erklärt Seedler. Besonders drastisch sank die Anbaufläche von Weizen, der wichtigsten Getreideart in Deutschland. Sie nahm in den vergangenen zehn Jahren um knapp ein Viertel von 3,2 Millionen auf aktuell 2,5 Millionen Hektar ab.
Ursächlich für den Rückgang der Anbaufläche sind insbesondere Bau- und Klimaschutzmaßnahmen sowie der Ausbau erneuerbarer Energien. „Diese Entwicklung muss gestoppt werden. Es braucht ein Umdenken in der Politik“, mahnt der DRV-Experte. Der Flächenverbrauch müsse reduziert und die Produktivität auf den Flächen durch den Einsatz modernster Züchtungsmethoden sowie digitaler Technik bei der Anwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln gesteigert werden. Seedler: „Der politische Fokus darf nicht länger nur auf der Extensivierung liegen. Die Versorgungssicherheit durch heimische Erzeugung muss wieder mehr an Bedeutung gewinnen.“ Dies gelte umso mehr, da bis zum Jahr 2050 die Weltbevölkerung weiter ansteigen und die Nachfrage nach agrarischen Rohstoffen nach Expertenschätzungen um bis zu 50 Prozent zunehmen werde. „Wir müssen nachhaltig mehr produzieren. Technologien und Innovationen sind der Schlüssel dazu“, betont der DRV-Getreidemarktexperte.
Enttäuschende Ergebnisse auch im Ausland
Seedler warnt davor, sich auf den internationalen Handel zu verlassen: „Dies kann sich zu einem Trugschluss entwickeln. Denn auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich oder Spanien fällt die Ernte enttäuschend aus.“ Auch dort habe das unbeständige Wetter mit extremen Niederschlägen Spuren hinterlassen. Und in der Schwarzmeerregion wird aufgrund von Trockenheit ebenfalls von geringeren Ernten als im Vorjahr ausgegangen. „In diesem Jahr dürften sowohl die europäische als auch weltweite Getreideversorgungsbilanz erneut sehr knapp ausfallen. Lediglich die prognostizierte gute Körnermaisernte könnte für Entspannung sorgen“, so Seedler.
Mit der vorliegenden Meldung beendet der DRV seine Ernteschätzungen für das Jahr 2024. Für Körnermais wird der Verband voraussichtlich Anfang November eine abschließende Bewertung veröffentlichen.
Details zur Schätzung: Siehe Tabellen (https://www.raiffeisen.de/sites/default/files/2024-08/2024-08-16_PM_DRV_Sechste_Erntesch%C3%A4tzung_Tabellen_Presse.pdf)
Weitere Informationen: Guido Seedler, DRV-Warenwirtschaft, Tel. 030 856214-410, E-Mail: seedler@drv.raiffeisen.de
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Marcus Gernsbeck
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